Seitdem der Bundesgerichtshof in seinen jüngeren Entscheidungen zum Thema Filesharing/Tauschbörsennutzung (Bearshare, Morpheaus usw.) bereits zugunsten der Anschlussinhaber entschieden hatte, festigt sich jetzt auch in der Rechtsprechung der Instanzgerichte eine Sichtweise, die eine uferlose Haftung des Anschlussinhabers ablehnt. Das Amtsgericht Bielefeld (AG Bielefeld) hat mit erfreulicher Klarheit deutlich gemacht, dass die sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers nicht mit einer Beweislastumkehr zu verwechseln ist. Die Rechteinhaber bleiben weiterhin zum Beweis verpflichtet, dass der Anschlussinhaber der Täter einer Urheberrechtsverletzung ist. In Abmahnungen liest man mitunter eine absurde Vorstellung des Umfangs der sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers. Eine etwaige tatsächliche Vermutung kann – nach allgemeinen zivilrechtlichen Kriterien – insbesondere bei Mehrpersonenhaushalten erschüttert werden.
LG Köln: Streaming kein Verstoß gegen Urheberrecht
Wie das Landgericht Köln mit Pressemitteilung vom heutigen Tage berichtet hat, gibt es nun erste Entscheidungen über Beschwerden in Sachen „Streaming Abmahnung“. Das Landgericht hat in vier Beschlüssen Beschwerden von Anschlussinhabern stattgegeben, die von der „The Archive AG“ wegen Ansehens eines Streaming-Videos auf der Plattform redtube.com abgemahnt worden waren. Das Landgericht hat insoweit eingeräumt, dass dem Antrag der „The Archive AG“ auf Herausgabe der bestimmten IP-Adressen zuzuordnenden Namen und Anschriften von Kunden der Deutschen Telekom nicht hätte entsprochen werden dürfen. Einer der Beschlüsse (Aktenzeichen 209 O 188/13) kann in anonymisierter Form hier abgerufen werden.
BGH zur freien Nutzung von literarischen Figuren
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat heute – pünktlich zur Karnevalssession – seine Begründung zur Pippi-Langstrumpf-Entscheidung (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2013 – I ZR 52/12 – Pippi-Langstrumpf-Kostüm) veröffentlicht.
Wesentlich war die Feststellung des BGH, dass eine fiktive Figur wie Pipi Langstrumpf urheberrechtlich geschützt sein kann. Dies setzt voraus, dass der Autor dieser Figur durch die Kombination von ausgeprägten Charaktereigenschaften und besonderen äußeren Merkmalen eine unverwechselbare Persönlichkeit verleiht. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen. Allein die Beschreibung der äußeren Gestalt einer handelnden Figur oder ihres Erscheinungsbildes wird dafür in aller Regel nicht genügen. Das bedeutet, dass zukünftig genau geschaut werden muss, ob die betreffende fiktive Person diese strengen Anforderungen erfüllt. Für die Praxis spannender waren aber die Ausführungen zur Abgrenzung der verbotenen Übernahme zur freien Benutzung im Sinne von § 24 Abs. 1 UrhG, deren Bewertung häufig rechtlich wie tatsächlich schwierige Abgrenzungsfragen stellt.
BGH zur Haftung für Filesharing volljähriger Familienangehöriger
Der Inhaber eines Internetanschlusses haftet nicht für das Verhalten eines volljährigen Familienangehörigen, wenn er keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass dieser den Internetanschluss für illegales Filesharing missbraucht (Bundesgerichtshof, vom 8. Januar 2014 – I ZR 169/12 – BearShare)
Laut BGH ist bei der Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige zu berücksichtigen, dass die Überlassung durch den Anschlussinhaber auf familiärer Verbundenheit beruht und Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind. Der BGH betont, dass im Blick auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und die Eigenverantwortung von Volljährigen der Anschlussinhaber einem volljährigen Familienangehörigen seinen Internetanschluss überlassen darf, ohne diesen belehren oder überwachen zu müssen.
BGH: Die Abgabe einer Unterlassungserklärung ist kein Anerkenntnis
Man liest es zwar noch regelmäßig in verschiedenen Abmahnungen einschlägiger Kanzleien, deswegen ist es trotzdem nicht richtig. Der Bundesgerichtshof (BGH) war so freundlich, dies nun noch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen.
„Sofern der Abgemahnte den Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten nicht förmlich anerkennt oder sonst ausdrücklich zu erkennen gibt, dass der Vorwurf des Abmahnenden zu Recht erfolgt ist, sondern lediglich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt, liegt darin nicht das Anerkenntnis des zugrundeliegenden gesetzlichen Unterlassungsanspruchs und der Pflicht zur Übernahme der Abmahnkosten.“
Dies gilt laut BGH sogar in den Fällen, wenn der Abgemahnte die Unterlassungserklärung abgibt, ohne zu erklären, dass dies ohne Anerkennung einer Rechtspflicht geschieht. Um die Wiederholungsgefahr einer möglichen Rechtsverletzung zu beseitigen empfiehlt sich daher in vielen Fällen auch weiterhin eine (modifizierte) Unterlassungserklärung abzugeben, um die kostenintensive Auseinandersetzung im Zusammenhang mit einer einstweiligen Verfügung zu vermeiden.
Bundesgerichtshof, I ZR 219/12 – Urteil vom 24. September 2013
Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken heute in Kraft getreten
Das hier besprochene Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken ist am 08.10.2013 im Bundesgesetzblatt verkündet worden (BGBl. 2013, Teil I Nr. 59, S. 3714, pdf-Datei, hinterlegt beim Bundesanzeiger Verlag). Art. 1 Nr. 1 a, Nr. 2, Nr. 4 und Art. 3 treten am 01.11.2014 in Kraft, im Übrigen ist das Gesetz heute, also am 09.10.2013, in Kraft getreten.
Bundesrat beschließt Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken
Der Bundesrat hat heute das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken beschlossen.
(Bundesrat Drucksache 638/13 Zusammenfassung hier). Das Gesetz soll unter anderem die Kosten bei einer ersten Abmahnung durch Anwälte deckeln. Insbesondere im Bereich des Filesharing, also dem illegalen Herunterladen und Anbieten von Musik, Filmen oder Software in Online Tauschbörsen (z.B. Morpheus, BitTorrent, eMule usw.) sah der Gesetzgeber offenbar die Notwendigkeit als zu hoch empfundene Forderungen von spezialisierten Anwaltskanzleien zu reduzieren.
Ausweislich der Erläuterungen zum Gesetz soll durch das Gesetz „anwaltlichen Geschäftsmodellen Einhalt geboten werden, bei denen die massenhafte Abmahnung von Internetnutzern wegen Urheberrechtsverstößen zur Gewinnoptimierung betrieben wird und vorwiegend dazu dient, gegen den Rechtsverletzer einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Dazu wird § 97a UrhG komplett neu geregelt. In einem neuen Absatz 3 wird für den außergerichtlichen Bereich der anwaltliche Erstattungsanspruch auf einen Streitwert von 1 000 Euro für bestimmte Urheberrechtsstreitsachen begrenzt. “ (vgl. Bundesratsdrucksache aaO).